Rückblick, Prognose & Rat zum Immobilienmarkt
Haben Sie als Wohneigentümer im Jahr 2022 das Richtige gemacht? Und mit welchen Tipps sind Sie auf dem Immobilienmarkt 2023 gut gerüstet? Im Rück- und Ausblick mit unserem Mitgründer und Head Transactions, Nicolas Hirschi, klären wir Ihre drängendsten Fragen.
Der Immobilienmarkt 2022 war gezeichnet von Veränderungen. Die Zinsen stiegen, die Energiekrise nahm ihren Anfang und die Lieferketten für nachhaltige Heizungen und Energieträger wurden herausgefordert. Entsprechend wurden interessierte Käufer, Immobilienbesitzer und Immobilienverkäufer auf Trab gehalten. Jetzt ist es Zeit für ein Fazit zum Immobilienmarkt im Jahr 2022 und einen Ausblick auf das Jahr 2023.
Im Interview: Nicolas Hirschi
Nicolas Hirschi verantwortet bei AgentSelly den Bereich Transaktionen. Als Co-Founder steht er Eigentümern (und solchen, die es werden wollen) bereits seit den Beginnen von AgentSelly mit Rat und Tat rund um die Immobilienvermarktung zur Seite.
Rückblick Schweizer Immobilienmarkt 2022
Was lehrte euch dieses vergangene Jahr über den Immobilienmarkt?
Es zeigte uns, dass der Immobilienmarkt sogar in einem schwierigen Umfeld stabil bleibt. Unabhängig von den steigenden Zinsen, der Energiekrise, dem Russland-Ukraine-Krieg und der getrübten Konsumentenstimmung blieb die Nachfrage nach Wohneigentum stabil. Daraus lässt sich schliessen, dass Wohneigentum unabhängig von makroökonomischen Bewegungen ein Bedürfnis ist, das hoch gewichtet wird.
Was wir ebenfalls erkannt haben, ist das steigende Informationsbedürfnis auf der Käuferseite. Denn sie überlegen sich viel genauer, ob es auch wirklich die richtige Liegenschaft zum richtigen Preis am richtigen Ort ist. Für diese Überlegungen brauchen sie mehr Infos.
Die steigenden Zinsen und die Energiekrise machten eine gewisse Unsicherheit bemerkbar. Insbesondere auf der Käuferseite. Das zeigte sich zum Beispiel darin, dass bei Liegenschaften mit Öl- und Gasheizungen Überlegungen angestellt wurden wie: Was ist, wenn die Heizung aussteigt? Können wir dann trotz der gestörten Lieferketten innerhalb nützlicher Frist eine neue Heizung einbauen? Solche Situationen machen es insgesamt schwieriger, Kaufentscheide zu fällen.
Doch trotz den Veränderungen blieb der Traum vom Eigenheim, was sich in der stabilen Nachfrage widerspiegelt. Das lässt sich in vielen Fällen damit erklären, dass die aktuellen Marktveränderungen von kurz- bis mittelfristiger Dauer sind, wohingegen Wohneigentum ein langfristiger Plan ist. Die Leute wollen die nächsten 20 bis 30 Jahre im Eigenheim leben. So betrachtet, ist die momentane Situation für viele Kaufinteressenten nicht ganz so zentral.
So volatil war es nicht. Das Beste, was man als Verkäufer generell tun kann: Fälle Verkaufsentscheidungen nicht entlang von makroökonomischen Veränderungen, sondern entlang deiner Lebensumstände. Dazu gehört auch, nicht überstürzte Entscheidungen zu treffen, die auf kurzfristigen Prognosen basieren. In meiner Erfahrung machen das die Leute in der Regel auch so, weil die meisten Wohneigentum zur Eigennutzung haben. Da steht nicht etwa Rendite, sondern der Lebensabschnitt und die damit verbundenen Bedürfnisse im Zentrum.
Ich finde, man kann nicht pauschal sagen, dass die Leute weniger Mittel hatten. Ausschlaggebender ist die Ausgangslage des Eigentümers und dessen Pläne für seine Immobilie und Finanzen. Zum Beispiel: Will er Sicherheit in Form von flüssigen Mitteln oder in Form von einer nachhaltigen, energieeffizienten Heizung, mit der er die Energiekrise sicher durchsteht? Und da kommt noch der Aspekt mit rein, ob es zeitlich drin liegt, den Heizungswechsel zu vollziehen beziehungsweise Bewilligungen und das Material für Solaranlage oder andere Installationen zu erhalten.
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Mit Blick in die Vergangenheit haben wohl mit Abstand die meisten profitiert, weil die Immobilienpreise stetig stiegen. Somit profitieren Immobilienverkäufer auch im Jahr 2022. Ob der Erlös mit dem Abwarten von zwei bis drei weiteren Jahren noch besser geworden wäre, lässt sich nicht sagen. Bei AgentSelly verkaufen jedoch sowieso die Wenigsten aus finanzieller Motivation, die Meisten wegen veränderter Lebensumstände.
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Das wird erst die Zukunft zeigen, wenn wir die Preisentwicklung kennen. Wenn man aber zurückblickt, haben Käufer in den letzten 20 Jahren zu jedem Zeitpunkt zu, im Vergleich mit der Vergangenheit, hohen Preisen gekauft, aber da die Preise immer noch weiter stiegen, war dies unproblematisch.
Wenn das Zinsniveau nun nachhaltig ansteigt, kann es sein, dass es eine Zeit gibt, in der die Immobilienpreise stabil bleiben oder sogar leicht zurückgehen. Solange man Immobilien aber nicht als Renditeobjekt besitzt, sondern als selbstgenutztes Wohneigentum ist eine kurzzeitige seitliche oder rückläufige Entwicklung eigentlich nicht relevant.
Was empfehlen Sie Wohneigentümern, die 2023 Verkaufsabsichten haben?
Ich empfehle, auf Basis ihrer individuellen Situation zu entscheiden, ob sie noch investieren und ob sie verkaufen. Die Marktentwicklung zu kennen ist gut, aber sollte bei der Entscheidungsfindung keinen massgeblichen Einfluss haben.
Was ich Wohneigentümern empfehlen möchte: Machen Sie von Anfang an eine mittel- bis langfristige Aufstellung der Investitionen, mit denen Sie den Wert und den Wohnkomfort erhalten möchten. Dazu gehört auch die finanzielle Planung, mit der die Investitionen getätigt werden kann.
Man wird je länger je mehr, detaillierte Fragen von Interessenten beantworten müssen. Zum Beispiel über den genauen Zustand des Gebäudes und die Nachhaltigkeit. Wir bei AgentSelly werden auf diese Veränderung damit reagieren, dass wir standardmässig mehr Infos von Beginn weg bereitstellen, um die Transparenz weiter zu erhöhen und damit dem grösseren Informationsbedürfnis der Kaufinteressenten Rechnung tragen.
Wenn das Angebot an Liegenschaften grösser wird, kann das auch dazu führen, dass Leute wieder mehr vergleichen und kritischere Fragen stellen. Wenn diese nicht beantwortet werden können, ist das für den Vertrauensaufbau nicht förderlich. Deshalb ist es beim Verkaufen etwas vom Wichtigsten, dass man alle Fragen der Interessenten direkt und zufriedenstellend beantworten kann.